Über die Opfer

Hier finden sich biographische Angaben der Opfer.

 

 

 

Saime Genç (4)

Saime, die sehr gerne Alm­suppe aß, war gerade vier Jahre alt und freute sich sehr, nach den Sommerferien in den Kindergarten gehen zu können. Saime ist die jüngere Schwester von Hülya, weitere Geschwister hatte sie nicht. Sie hatte, wie ihre Schwester Hülya, braune Haare und braune Augen. Saime war ein sehr fröhliches und munteres Kind und liebte es, mit anderen Kindern zu spielen, am liebsten im Park Bärenloch, der nur ein paar Schritte von ihrem Haus entfernt war. Saime spielte auch sehr gerne mit ihrer Cousine Güldane Ince, die etwas jünger war als sie. Tagsüber spielte sie gerne mit ihren Puppen und kleidete sie mehrmals an und aus. Sie zog es vor, mit den selbst gebastel­ten Puppen ihrer Mutter zu spielen. Wenn sie keine Lust mehr auf ihre Puppen hatte, ging sie an die Kleiderkiste und verwandelte sich in eine Prinzessin oder zog andere Kleidungsstücke über und probte Kunststücke. Saime mochte sich gerne verkleiden und ließ sich dabei von ihrer Mutter fotografieren. Manchmal zog sie auch viel zu große Schuhe an und betrachtete sich dann im Spiegel. Wenn auf einem Familienbild die kostümierte Saime zu sehen war, freuten sich die Betrachter:innen mit ihr, weil sie stets ein Lachen im Gesicht trug.

Saimes Urgroßmutter wohnte in der Türkei und hatte einen großen Bauernhof, auf dem viele Tiere lebten. Wenn Saime in der Türkei zu Besuch war, durfte sie immer die Tiere füttern. Vor großen Tieren hatte sie Respekt und suchte sich meistens Tiere aus, die nicht größer waren als sie selbst. Manchmal aßen kleine Lämmer sogar aus ihrer Hand, was Saime sehr freute.

Hülya Genç (9)

Hülya ist die Schwester von Saime Genç und wurde nur neun Jahre alt. Sie hatte dunkelbraune Haare und braune Augen. Hülya besuchte die zweite Klasse der Grundschule in der Yorckstraße in Solingen. Einige Wochen später hätte sie ihr Zeug­ nis erhalten und nach den Sommerferien die dritte Klasse besucht. So weit kam es nicht. Hülya war ein sehr fröhliches und aufgewecktes Kind und liebte es, mit anderen Kindern zu spielen ‒ oft spielte sie auch mit ihrer kleinen Schwester. Immer wenn es möglich war, spielte sie mit Nachbarskindern im Bärenloch, einem wunderschönen Park ganz in der Nähe ihres Hauses. Die Schwestern spielten auch sehr oft mit ihrer Cousine Güldane Ince, die nur drei Jahre alt war. Hülya mochte zwar auch gerne Suppen wie ihre Schwester Saime, bevorzugte aber Nudeln mit Sauce und liebte Käsebrot mit Marme­ lade. Wenn sie ihren Lieblingsfilm „Heidi“ zu Ende gesehen hatte, spielte sie oft mit dem Nachbars­ kind Eric und anderen Kindern. Zusammen malten sie mit bunter Kreide bunte Hüpfkästen ‒ und schon konnte es losgehen. Wenn sie keine Lust mehr hatten, sprangen sie Seil. Hülya mochte Tiere sehr gern, insbesondere Katzen.

Die Urgroßmutter in der Türkei hatte einen Bauernhof mit vielen Tieren. Hülya und Saime fütterten und sorgten sich um die Tiere, wenn sie ihre Urgroßmutter in der Türkei besuchten. Hülya verkleidete sich auch gern. Am liebsten mochte sie Kleider, deren Stoff sich nach oben bauschte, wenn sie sich drehte. Dabei lachte sie laut.

Hatice Genç (18)

Hatice war 18 Jahre alt, ca. 1,70 m groß und be­ suchte das Friedrich­ List ­Berufskolleg in Solingen. Sie war gerade dabei, ihren Führerschein zu machen. Doch das alles konnte sie nicht beenden. Hatice hatte wunderschöne braune lange Haa­re und braune Augen, die sie gerne pflegte und schminkte. Als Hatice endlich so groß war wie ihre Tante, mit der sie sich super verstand, lieh sie sich Anziehsachen von ihr aus. Sie liebte Kleider und achtete sehr auf ihren Stil. In ihrer Freizeit hörte sie, ebenso wie andere Jugendliche, Musik ‒ am liebsten laut. Abends gönnte sie sich eine Auszeit und schaute ihre Lieblings-TV-Serien an. „Dallas“ und „Denver-Clan“ konnte sie nicht widerstehen und verpasste ungern eine Folge. Sie sah sich mit ihrer Familie aber auch gern türkische Filme an. Hatice war nicht so wählerisch in Bezug auf Essen. Allerdings liebte sie Börek und Sarma (herzhaft gefüllte Weinblätter), am liebsten, wenn ihre Mutter oder ihre Tante dies zubereitet hatten. Sie war der Meinung, dass es bei Mama und bei der Tante am besten schmeckt. In ihrer Freizeit verab­ redete sie sich gern mit Freunden oder hielt sich bei ihren deutschen Nachbarn auf. Die Nachbarn waren kinderlos, mochten Hatice sehr gerne und unternahmen auch viel mit ihr. Die Nachbarn waren bestürzt, als sie erfuhren, dass Hatice Genç beim Brand ums Leben gekommen ist. Unmittelbar danach haben die Nachbarn Solingen verlassen, weil sie Hatices Verlust nicht ertragen konnten. Sie wohnen nun in den Niederlanden.

Gürsün İnce (27)

Gürsün ist 1965 geboren und wurde nur 27 Jahre alt. Sie war eine fröhliche junge Frau und hatte Träume, die sie nicht mehr verwirklichen konnte. Sie besuchte damals die Volkshochschule in Solingen und war ideenreich sowie kreativ. Gürsün war verheiratet und hatte eine dreijährige Tochter. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kam, ver­ brachte sie erst mal Zeit mit ihrer kleinen Tochter Güldane. Sie spielten zusammen oder gingen zu dritt spazieren und genossen einfach die Natur und das Beisammensein. Gürsün Ince wohnte mit ihrem Mann und ihrer Tochter damals im Dachgeschoss in der Unteren Wernerstraße 81. Als das Haus brannte, konnte Gürsün Ince ihrer Tochter Güldane Ince das Leben retten. Sie warf ihre Tochter aus dem Fenster, die schwerverletzt überlebte. Gürsün Ince überlebte den Sprung leider nicht.

Gülüstan Öztürk (12)

Gülüstan war ein sehr fröhliches Mädchen und gerade mal zwölf Jahre alt, als sie ums Leben kam. Sie hatte hellbraune lange Haare und braune Augen. Gülüstan hatte die fünfjährige Grundschul­zeit in der Türkei hinter sich und freute sich auf
die weiterführende Schule. Wie alle Kinder hatte auch sie Träume. Ein Traum von ihr war, ihre Tante Mevlüde Genç in Deutschland zu besuchen. Sie kannte Deutschland nur aus Erzählungen ihrer Familie. 1993 ermöglichte die Familie Genç ihr diesen Traum. Gülüstan hatte ein Visum für drei Monate erhalten, um in Solingen ihre Tante und ihre Familie zu besuchen. Gülüstan mochte das Essen der Familie Genç gern, insbesondere das Essen von Saimes und Hülyas Mutter, denn sie kochte das, was ihre beiden Töchter gerne aßen. Nudelgerichte mochte Gülüstan unheimlich gern, und sie half auch beim Zubereiten. Sie spielte gern mit ihren Cousinen Saime, Hülya und Güldane, aber auch mit Nachbarskindern, etwa Seilspringen. Zwei Wochen, bevor sie wieder zu ihrer Familie in die Türkei zurückkehren sollte, starb Gülüstan bei dem Brandanschlag.

Meine Schwestern lernte ich nicht kennen.

Cihat Genç, geboren 1997

Cihat Genç wurde 1997 in Solingen geboren. Seine Eltern, Hatice und Kâmil Genç, überlebten den rassistischen Brandanschlag auf das Haus seiner Familie. Sie verloren zwei Töchter durch den Brand: Hülya war neun und Saime vier Jahre alt.

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